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 Romane
Dr. Oberzohn Offline



Beiträge: 645

07.08.2023 21:54
Töchter der Nacht (1925) Zitat · Antworten

Töchter der Nacht


Originaltitel: The Daughters of the Night
Erscheinungsjahr: 1925


Hauptpersonen:

Jim Bartholomew – Zweigstellenleiter einer Bank
Stephan Sanderson – sein kriminalistisch ambitionierter Mitarbeiter
Margot Cameron – wohlhabende nette junge Dame
Frank Cameron – ihr verheirateter Bruder
Cecile Cameron - Ehefrau von Frank mit Geheimnissen
Stella Markham - reiche depressive Schönheit
Mr. Winter - ihr vertrauter Butler
Pietro Visconti - italienischer Major
Mr. Price - Pfarrer
Nosey - vermeintlicher Heizer



Handlung:

Moorford ist ein kleiner Flecken auf dem Lande, aber groß genug für eine Zweigstelle der South Devon Bank. Hier ist der noch recht junge Jim Bartholomew der Leiter geworden, zum Leidwesen des älteren und fleißigen Stephan Sanderson, der sich lieber selber auf diesem Posten gesehen hätte und nun als Assistent arbeitet. Bartholomew, ehemaliges Mitglied der Kriegsmarine, hat eine etwas laxere Berufsauffassung. Er ist gut bekannt mit den Camerons, einmal Frank, dem gutaussehenden Gutsbesitzer Mitte Dreißig, zum anderen zu seiner sehr attraktiven jüngeren Schwester Margot. In die ist der nicht allzu vermögende Bursche rettungslos verliebt, doch nach seinen zögernden Andeutungen zu urteilen, will er erst richtig Geld machen, um um die Hand seiner vermögenden Angebeteten anhalten zu können. Margots Schwägerin Cecile lebt als Dritte im Bunde mit bei den Camerons an der Seite ihres Mannes Frank, wobei sie in letzter Zeit etwas seltsam geworden ist. Cecile hat einen ausgefallenen Ring in Besitz, der die drei "Töchter der Nacht" darstellt - drei Furien, die im alten Rom für die Bestrafung von Übeltätern verantwortlich waren.
Eines Tages deponiert die geheimnisvolle Mrs. Markham aus der Nachbarschaft ein kostbares Halsband in der Bank, wobei ihr sehr vertraut wirkender Butler Mr. Winter sich persönlich von der sicheren Aufbewahrung des Schmuckstückes überzeugt. Der Angestellte Sanderson kümmert sich darum, obwohl er gerade wieder seinem Hobby frönt, der Kriminalistik. Er behauptet, auf der Spur der Vier Großen zu sein, einer Bande äußerst raffinierter Juwelendiebe. Da passiert es, eines Abends knallt ein Schuss durch die Stille, der herbeieilende Polizist findet den Filialleiter Bartholomew mit einem Revolver in der Hand über der Leiche von Sanderson. Mrs. Markhams Schmuck ist verschwunden, bald auch Jim Bartholomew. Eine Fahndung wird eingeleitet. In Sandersons Hand hat sich noch ein Foto befunden, mit dem Bild einer Frau, die einen Ring trägt - die "Töchter der Nacht" ! Doch ist Jim ein Mörder?
Währenddessen hat Margot Cameron eine Überfahrt nach den USA auf dem Dampfer Ceramia angetreten. Alleine, da ihr Bruder Frank zu Hause blieb und Celia wegen ihrer schlechten Gesundheit nach Schottland fahren wollte, wie sie jedenfalls sagte. Überraschenderweise ist auch die vermögende Stella Markham samt Butler mit an Bord, wobei die beiden Frauen ein ambivalentes Verhältnis zueinander haben. Margot schließt die Bekanntschaft mit verschiedenen Mitreisenden, etwa dem galanten italienischen Offizier Visconti oder dem gütigen Geistlichen Mr. Price. Sie freundet sich auch mit dem Zahlmeister und anderen Bedienten an. Nur die wie geplant an Bord befindliche Freundin ihrer Schwägerin bleibt in ihrer Kabine.
Bald schon traut Margot ihren Augen nicht. Einer der hart arbeitendenden Heizer entpuppt sich als ihr sehr ans Herz gewachsener Jim, von dessen Bredoullie sie jetzt erfährt. Natürlich will sie ihm helfen, denn Jim will seine Unschuld beweisen und ist hier hinter den Leuten her, die sich als die Vier Großen bezeichnen. Offenbar nicht nur er, es gibt auch Polizeispitzel an Bord und allerlei seltsame Leute. Doch wer sind die Verbrecher? Bald fangen die Ereignisse an eine Dynamik zu entwickeln, es gibt Überfälle, Mordanschläge und auch Tote zu beklagen. Jim ist in großer Gefahr, doch nicht zuletzt Dank Margots Hilfe werden alle Fährnisse überwunden, und - wie fast immer - kann ein glückliches Paar die denkwürdige Reise auf dem Ozeanriesen beenden.


Bewertung:

Ein Kurzroman von grade mal 130 Seiten von Krimi-Wallace. Ungewöhnlich ist, dass es keinen Bezug zu London gibt. Die britische Hauptstadt wird ja sonst irgendwie immer mit eingebaut, doch dieses Mal spielt das Geschehen anfangs in einem kleinen Weiler auf dem Lande, nach einem Drittel wechselt es ziemlich aprupt auf das Deck eines Passagierdampfers im Atlantischen Ozean.
Für ein so dünnes Buch gibt es recht viel Personal, ebenso recht viele Verwicklungen. Die sind natürlich nicht so säuberlich bis ins Letzte ausgefeilt wie man es sich wünschen würde, denn der Autor hat nun mal so seine Tücken. Dazu zählt eben auch, dass er manchmal zu einem Übermaß an schmalzig-süßlichen Geschichtchen neigte, wie eben auch hier, wo die Verliebtheit des jungen und in jeder Hinsicht unschuldigen Paares oft beschworen wird und derartige Gefühle ebenso auf der kriminellen Gegenseite stattfinden, wobei die Frauen natürlich nie so recht böse sein können und auch verdorbene Schufte immer noch eine Menge Ehre im Leibe haben, wenn es um das zarte Geschlecht geht...
Wallace hatte unzweifelhaft eine Vorliebe für die Seefahrt (war halt ein Brite...), diesmal sind allerdings nachdrücklich auch kritische Töne zu finden, was das Schicksal der unter Deck schuftenden Heizer angeht, die unter unmenschlichen Bedingungen ihr karges Brot verdienen mussten. Demgegenüber stellt er das sorglose Leben der reichen Passagiere auf den Luxusschiffen, die im Überfluss leben können. Sein Held Jim Bartholomew hat aufgrund seiner Kriegserfahrungen keine Probleme, in den Reihen der ausgebeuteten, aber wenig beachteten Klassen unterzuschlüpfen, ebenso wie es auch Detektive tun (deren Namen verwechselt mittendrin der Autor auch mal ganz unbesorgt). Denn auch Scotland Yard und die amerikanische Polizei sind den Vier Großen auf den Fersen. Jim kennt natürlich praktischerweise hohe Offiziere auf der Ceramia, von denen er gedeckt wird. Was genau er nun versuchen will, um die wahren Verbrecher ausfindig zu machen, wird nicht so ganz klar, aber die sich zunehmend beschleunigenden Ereignisse sorgen sozusagen von selbst für Aufklärung. Seine Margot ist selbstlos bereit, ihm zu helfen, tatsächlich sind große Teile des Buches aus ihrer Sicht geschrieben. Ihr Vertrauen in den Angebeteten wird zwar stark erschüttert, als sich dieser mit einer anderen Passagierin in einer delikateren Position wiederfindet. Doch auch hier gibt es eine Erklärung. Natürlich sind kaum welche der Handelnden die, die sie vorgeben zu sein. Die Luft für die Ganoven wird eng, ein aussagebereites Mitglied findet sich als Leiche wieder. Margot Cameron erweist sich wieder mal als sehr zupackende junge Frau, als sie ihren knackigen Bräutigam in spe furchtlos vor dem nassen Tod rettet, dem ihm ein Gangster bereiten wollte, nachdem er ihn in eine Falle gelockt hat.
Der Schlussteil der Story ist wieder mal purer Wallace vom besten, doch leider gibt es auch etwas Leerlauf und viel Herzschmerz zu verkraften. Am Ende sind die Vier Großen, die gefürchtetesten Juwelenräuber von beiden Seiten des Atlantiks, unschädlich gemacht. Das Rätsel um die titelgebenden "Töchter der Nacht" auf dem Ring auf dem mysteriösen Foto ist geklärt. Genauso wie der brutale Mord an Sanderson im fernen Moorford.
Es gibt ein Happy End für die Guten, aber auch für eine Person eher zweifelhafteren Treibens.

Als persönliche Wertung würde ich diese Kriminalnovelle nicht unbedingt als Meisterleistung von Wallace einstufen, allerdings weiß sie durchaus gut zu unterhalten, wenn man sich an den üblichen Klischees nicht stört.


Leseexemplar:

Die gut 130 Seiten sind in der Goldmann-Taschenkrimi-Ausgabe von 1962 ungekürzt in der Übersetzung von Ravi Ravendro und offenbar Überarbeitung von Tony Westermayr zu finden, zusammen mit der Kriminalgeschichte Die Schatzkammer.


Verfilmung:

Eine Verfilmung dieser Geschichte gibt es in der deutschen Wallace-Reihe nicht, meines Erachtens auch keine irgendwie geartetete Anspielung darauf.

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